Die so genannten Bail-in-Gesetze wurden zu Jahresbeginn eingeführt, um staatlichen Bailouts zugunsten von Banken und dem dafür notwendigen Einsatz von Steuerzahlermitteln ein für allemal einen Riegel vorzuschieben. Erinnern Sie sich noch daran, mit welchem Pathos die Brüsseler EU die Bail-in-Regularien verabschiedete und im Vorfeld angepriesen hatte?

Nein? Ich schon. Zukünftig sollten zuallererst einmal Aktionäre und Bondhalter der Banken im Falle einer Insolvenz bluten. Dann sollten Beträge von über 100.000 Euro, die Kunden auf den Konten der entsprechenden Bank hielten, zur Rettung des Instituts konfisziert werden. Erst danach wäre der Staat – falls nötig – mit Steuerzahlermitteln eingesprungen.

So die Verträge. Und so die Theorie. Wenn es ernst wird, laufen die Zeiger der Uhren jedoch wieder einmal in eine gänzlich andere Richtung. Um nicht zu sagen, dass alle Versprechungen aus grauer Vorzeit sich plötzlich als Märchengeschichten entpuppen. In diesen Tagen lassen sich diese Beobachtungen einmal mehr in Italien machen.

Alle privaten Kapitalgeber abgesprungen

Es ist die vor einem Bankrott stehende Banca Monte dei Paschi di Siena, die in Italien nach dem durch eine große Mehrheit der Italiener abgelehnten Verfassungsreferendum vollends auf der Kippe steht. Ein privates Rettungsprogramm unter Federführung von JPMorgan Chase hat sich erwartungsgemäß als Schimäre entpuppt.

Kein privater Kapitalgeber, der noch all seine sieben Sinne beisammen hat, zeigt sich bereit, in die älteste Traditionsbank der Welt zu investieren. So auch im Fall des Staatsfonds von Katar geschehen, der als letzter Rettungsanker im privatwirtschaftlichen Bereich angesehen wurde. Auch diese Seifenblase ist vor Weihnachten zerplatzt.

Und so geschieht in Italien, was doch laut EU-Gesetzgebung überhaupt nicht mehr geschehen durfte. Der Banca Monte dei Paschi wird ein Staatsbailout zuteil – der nunmehr dritte Bailout seit dem Höhepunkt der globalen Finanzkrise. Und wenn die politischen Hemmnisse dann erst einmal überwunden worden sind, wird die Katze vollends aus dem Sack gelassen.

EZB-Einschätzung viel zu optimistisch

Das ganze Ausmaß der finanziellen Misere bei Monte dei Paschi beginnt sich nämlich gerade erst abzuzeichnen. Fest steht ganz plötzlich, dass der angeschlagenen Kreditgeber weitaus mehr Geld benötigen wird, um finanzielle Bilanzlöcher zu stopfen, als vormals angenommen worden ist.

Von wem oder welcher Institution gehen eigentlich immer diese zuvor viel zu optimistischen Annahmen aus? Die Antwort lautet wie folgt: Selbstverständlich von Seiten der Europäischen Zentralbank. Analysten gehen nun von einer potenziellen Verkomplizierung der angedachten Staatsrettung des Kreditgebers aus. 

Bislang gingen interne Schätzungen der EZB davon aus, dass die Banca Monte dei Paschi di Siena 5,5 Milliarden Euro an frischem Kapital benötigen würde, um zu überleben. Laut der durch den Kreditgeber übermittelten Zahlen habe sich diese Summe nun plötzlich auf 8,8 Milliarden Euro erhöht.

Bankrun hat bereits eingesetzt

Begründet wird diese Entwicklung aufgrund einer deutlichen bilanziellen Verschlechterung im Laufe des letzten Monats. Kein Wunder, hatten doch Privatkunden und Unternehmen ihre Gelder zu großen Teilen von den Konten der angeschlagenen Bank abgezogen. Noch immer bleibt die Aktie des Instituts vom Handel an der Borsa Italia ausgesetzt.

Vor Weihnachten wurde bekannt, dass die italienische Regierung einen 20 Milliarden Euro schweren Rettungsfonds aufgelegt hat, dessen Mittel die italienischen Banken stabilisieren sollen. Laut gestriger Medienberichte wird der Fonds mehr als 6 Milliarden Euro allein in die Banca Monte dei Paschi einpumpen.

Pulver des Bankenrettungsfonds bald verschossen

Der Rest der benötigten Summe soll durch die Juniorbondhalter des Instituts aufgebracht werden, die somit einem partiellen Haircut entgegenblicken. Die Mittel des Rettungsfonds dürften nicht lange reichen und schnell aufgebraucht sein. Denn neben zwei venezianischen Banken benötigen auch vier weitere Kleininstitute in Zentralitalien dringend Finanzmittel.

Kleinsparern hatten diese Banken bis Ende dieses Jahres Verluste in kumulierter Höhe von mehr als 11 Milliarden Euro beschert. Wer berücksichtigt, dass Italiens Banken offiziell auf einen Berg von faulen Krediten in Höhe von 360 Milliarden Euro blicken, wird sich gewiss sein, dass 20 Milliarden Euro nur ein Tropfen auf den heißen Stein sind.

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